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Viele Ärztinnen und Ärzte stoßen in sozialen Medien auf verlockende Werbung: Angeblich können sie „ab einem bestimmten Jahresgehalt“ mithilfe von ETFs (börsengehandelten Indexfonds) Steuern sparen und so gefördert für das Alter vorsorgen. Beispiele solcher Slogans sind etwa
Solche Werbeanzeigen wirken auf den ersten Blick attraktiv und suggerieren ein exklusives Angebot speziell für Ärzte mit höherem Einkommen. Tatsächlich steckt hinter diesen Versprechen jedoch kein spezieller ETF-Sparplan, sondern eine gewöhnliche private Rentenversicherung nach dem Rürup-Modell – besser bekannt als „Basisrente“. Diese Art der Altersvorsorge ist grundsätzlich allen Berufsgruppen zugänglich und keinesfalls exklusiv für Ärztinnen und Ärzte. Doch nicht nur das: Die Werbung verschweigt oft, dass solche Basisrenten erhebliche Nachteile und Einschränkungen mit sich bringen. Im Folgenden beleuchten wir, wie die Rürup-Rente funktioniert, welche Steuervorteile sie bietet und welche Nachteile zu beachten sind. Außerdem wird erklärt, warum es sich nicht um ein exklusives Ärzte-Modell handelt und wie Versicherungsvermittler mit solchen Verträgen Provisionen verdienen.
Die Rürup-Rente wurde 2005 eingeführt und ist eine staatlich geförderte Form der privaten Altersvorsorge. Sie richtet sich insbesondere an Selbstständige und Freiberufler, aber grundsätzlich steht sie allen Steuerpflichtigen offen – unabhängig vom Beruf. Viele Mediziner, die in Versorgungswerken organisiert sind, schließen solche Verträge ab, um steuerliche Vorteile zu nutzen.
Die Rürup-Rente funktioniert dabei nach einem einfachen Prinzip:
Häufig sind diese Verträge „fondsgebunden“, das heißt: Ihr Geld wird in Investmentfonds – darunter oft ETFs – angelegt. Genau dieser Aspekt wird häufig in der Werbung hervorgehoben, denn ETFs erfreuen sich großer Beliebtheit als günstige Anlageform mit attraktiven Renditechancen.
Der größte Pluspunkt der Rürup-Rente sind die Steuervorteile in der Ansparphase. Beiträge zu einem Rürup-Vertrag können als Sonderausgaben in der Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden. Dadurch reduziert sich das zu versteuernde Einkommen, was insbesondere bei höheren Gehältern spürbar weniger Steuerlast bedeutet. Je höher das Einkommen und der persönliche Steuersatz, desto mehr lohnt sich dieser Effekt. Im Jahr 2025 können Ledige bis zu 29.344 € in eine Basisrente einzahlen und voll von der Steuer absetzen; für verheiratete Paare verdoppelt sich dieser Höchstbetrag auf 58.688 €. Diese Grenzen steigen jährlich leicht an, da sie an die Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung gekoppelt sind.
Ein Beispiel: Bei einem Spitzensteuersatz von 42 % würde eine Einzahlung von 10.000 € die Steuerlast um rund 4.200 € senken – quasi übernimmt das Finanzamt fast die Hälfte Ihrer Sparrate. Viele Vermittler werben genau mit solchen Rechnungen und sprechen von „40–50 % Förderung“ oder Steuererstattung. Ärzte mit hohem Einkommen profitieren davon, weil sie oft im oberen Steuerbereich liegen. Zudem sind Rürup-Beiträge sofort steuerwirksam, was vor allem zum Jahresende attraktiv sein kann, um durch Sonderzahlungen noch Steuern zu sparen. Ein weiterer Vorteil: Das angesparte Guthaben in der Basisrente ist in der Ansparphase insolvenzgeschützt und pfändungssicher – im Falle beruflicher Risiken (etwa Haftungsfällen bei Selbständigen) sind die Rürup-Ersparnisse also geschützt.
Allerdings gilt auch: Die Steuerersparnis ist kein Geschenk, sondern eine Steuerstundung. Die nachgelagerte Besteuerung bedeutet, dass Rentenzahlungen im Alter voll versteuert werden müssen. Derzeit wird für Neurentner jährlich ein größerer Anteil der Rente steuerpflichtig – ab dem Jahr 2040 unterliegen 100 % der Rürup-Rente der Einkommensteuer. Im Idealfall fällt der persönliche Steuersatz im Ruhestand geringer aus als im Erwerbsleben, sodass man von der Differenz profitieren kann. Doch sicher ist das nicht: Wer im Alter ebenfalls ein hohes Einkommen (z. B. durch Praxisverkauf, Mieteinnahmen oder weiterlaufende Honorare) bezieht, zahlt dann auch entsprechend Steuern auf die Rürup-Rente. Der Steuervorteil lohnt sich also vor allem, wenn aktuell ein hoher Steuersatz gedrückt wird und im Alter voraussichtlich geringere Steuern anfallen.
In der Werbung werden oft ausschließlich die Steuervorteile und möglichen Renditen betont. Dabei bleiben wichtige Einschränkungen unerwähnt, über die sich jeder Interessent klar sein sollte:
Das eingezahlte Kapital ist unwiderruflich gebunden. Es kann nicht gekündigt, nicht vorzeitig ausgezahlt und auch nicht beliehen werden. Die erste Auszahlung der Rürup-Rente darf frühestens ab dem 62. Lebensjahr erfolgen (bei neueren Verträgen; für ältere Vertragsabschlüsse galt teils 60 Jahre). Auch in Notsituationen oder bei anderweitigem Finanzbedarf kommt man an dieses Kapital nicht heran.
Das vorhandene Kapital wird zwangsweise in eine lebenslange monatliche Rente umgewandelt. Ein einmaliges Auszahlen des gesamten Guthabens ist vertraglich ausgeschlossen. Man erhält also eine Rente bis ans Lebensende – wird man sehr alt, ist das positiv, verstirbt man früh, hat man möglicherweise weniger herausbekommen, als eingezahlt wurde.
Hinterbliebene haben in der Regel keinen Anspruch auf das Rürup-Vermögen. Anders als in der gesetzlichen Rentenversicherung gibt es keine Witwen- oder Witwerrente, und ein Rürup-Guthaben ist grundsätzlich nicht frei vererbbar. Stirbt die versicherte Person vor oder kurz nach Rentenbeginn, verfällt das angesparte Kapital meist. Nur über teure Zusatzoptionen lässt sich das Kapital begrenzt für Hinterbliebene sichern. Diese Einschränkung sollte man bedenken, da das Geld nicht als Erbe an Kinder oder andere Angehörige fließen kann.
Rürup-Verträge werden meist von Versicherern angeboten und über Vermittler verkauft – dabei fallen oft hohe Abschluss- und Verwaltungskosten an. Diese Kosten (z. B. Abschlussprovisionen, laufende Verwaltungsgebühren, Fondskosten) schmälern die Rendite der Anlage. Versicherungsvermittler erhalten in der Regel 4–5 % der Beitragssumme (Summe aller voraussichtlichen Einzahlungen über die Vertragslaufzeit) als Provision – oft mehrere tausend Euro. Diese Provision ist in den Vertragskosten versteckt und wird indirekt vom Kunden gezahlt. Für Sparer bedeutet das: Die eigentlich erzielte Rendite der Fondsanlage wird durch Versicherungs- und Vertriebskosten drastisch reduziert. Besonders bei langen Laufzeiten und steigenden Beiträgen können hohe Effektivkosten entstehen. Deshalb lohnt es sich, auf niedrige Kosten zu achten oder über Nettotarife ohne Provision nachzudenken, wenn man einen Rürup-Vertrag in Erwägung zieht
Die Basisrente ist deutlich unflexibler als ein normales Wertpapierdepot oder andere Sparformen. Einmal vereinbarte Beiträge müssen grundsätzlich regelmäßig gezahlt werden (auch wenn viele Verträge eine Beitragsfreistellung oder -senkung erlauben, bleibt das Kapital dennoch gebunden). Produktwechsel oder Kündigung sind nicht vorgesehen – man kann den Anbieter allenfalls wechseln, wenn dieser es zulässt, was selten und oft nur gegen Gebühr möglich ist. Auch Anpassungen an veränderte Lebensumstände sind schwierig: Wer zum Beispiel in einigen Jahren ins Ausland geht oder die ärztliche Tätigkeit aufgibt, kann den Rürup-Vertrag zwar mitnehmen, aber nicht mehr rückgängig machen. Diese fehlende Flexibilität macht Rürup zu einer Entscheidung, die gut überlegt sein will.
Wichtig zu wissen: Bei der Rürup-Rente handelt es sich nicht um ein exklusives Vorsorge-Modell nur für Ärzte, sondern um ein gängiges Versicherungsprodukt, das prinzipiell jedem offensteht. Ob angestellt, verbeamtet oder selbstständig – jeder Steuerzahler kann einen Basisrenten-Vertrag abschließen (allerdings profitieren nicht alle in gleichem Maße davon). Die Steuerersparnis ist kein Spezialtrick für Mediziner, sondern vom Gesetzgeber so vorgesehen. Werbeanzeigen, die suggerieren, es gäbe es ein spezielles Ärzte-ETF-Programm, sind also irreführend.
Richtig ist: Viele Ärztinnen und Ärzte gehören zur Zielgruppe für Rürup-Verträge, weil sie oft hohe Einkommen (und damit hohe Steuerlast) haben - aber abschließen kann sie jeder, der die Bedingungen akzeptiert. Es gibt keine gesetzliche Einkommensgrenze, ab der die Basisrente erst erlaubt wäre. Die oft erwähnten Schwellen (z. B. „ab 70.000 € Jahreseinkommen“) sind lediglich Empfehlungen oder Marketing-Strategien. Sie sollen deutlich machen, dass die Steuerwirkung ab einem gewissen Einkommen besonders groß ist. Exklusiv oder einzigartig für Ärzte ist die Basisrente aber nicht.
Warum wird das steuergeförderte ETF-Sparen gerade in sozialen Medien so aggressiv beworben? Ein Grund sind die hohen Provisionen, die Versicherungsvermittler beim Abschluss eines Rürup-Vertrags erhalten. Wie bereits erwähnt, fließen oft 4–5 % der über die Laufzeit vereinbarten Beitragssumme an den Vermittler als Einmalprovision. Zusätzlich gibt es teils jährliche Bestandspflegeprovisionen. Das kann bei gut verdienenden Ärzten schnell in die Tausende Euro gehen – Geld, das indirekt von den Beiträgen der Kunden kommt. Diese finanziellen Anreize führen dazu, dass manche Vermittler die Rürup-Rente offensiv – bisweilen grenzwertig – vermarkten. In der Werbung werden fast ausschließlich die Steuervorteile und die ETF-Renditechancen hervorgehoben. Die erheblichen Einschränkungen und Kosten finden in den Anzeigen kaum Erwähnung. Stattdessen werden catchige Versprechen genutzt, um Interesse zu wecken.
Oft läuft es so ab: Über Instagram, LinkedIn & Co. wird mit Sprüchen wie „Warum als Arzt Geld verschenken? Holen Sie sich 40 % vom Fiskus zurück!“ Aufmerksamkeit erzeugt. Wer darauf klickt, landet meist auf einer Landingpage und soll sich für ein Webinar oder Beratungsgespräch registrieren. Ohne Anmeldung erfährt man nicht, was genau hinter dem „Steuertrick“ steckt – erst im Gespräch wird dann klar, dass es um eine Rürup-Rente geht.
Diese Intransparenz ist Teil der Masche: Sie soll Neugier wecken und den Eindruck erwecken, es handle sich um einen exklusiven Insider-Tipp. Viele Werbeanbieter nennen das Produkt in ihren Anzeigen gar nicht beim Namen (etwa Begriffe wie „Rürup“ oder „Versicherung“ fehlen völlig), was die Realität verschleiert. Teilweise wird sogar Druck aufgebaut, schnell zu handeln („Nur noch bis Jahresende steuerlich sichern!“), um den Abschluss zügig herbeizuführen. Verbraucherschützer kritisieren dieses Vorgehen deutlich.
Die Idee mithilfe eines ETF-Sparplans Steuern zu sparen, klingt im ersten Moment genial – Vorsorge fürs Alter treiben und dabei vom Staat Geld zurückbekommen. Doch unser Überblick zeigt: Hinter diesen Versprechungen steckt kein Wundermittel. Ein angeblich exklusiver „ETF-Sparplan für Mediziner“ entpuppt sich bei genauerem Hinsehen regelmäßig als gewöhnlicher Basisrenten-Vertrag mit entsprechenden Einschränkungen.
Die Rürup-Rente an sich ist ein seriöses Finanzprodukt, das für manche Menschen durchaus sinnvoll sein kann – insbesondere für solche mit hohem Einkommen, die derzeit hohe Steuerlasten tragen und bewusst auf kurzfristige Flexibilität verzichten wollen. Lassen Sie sich von der aggressiven und oft irreführenden Werbung auf Social Media jedoch nicht blenden. Wer als Arzt oder Ärztin ernsthaft über eine Rürup-Rente nachdenkt, sollte unbedingt unabhängige Informationen einholen und sich individuell und unabhängig beraten lassen. Prüfen Sie, ob diese langfristige, inflexible Anlageform tatsächlich zu Ihrer Lebensplanung und Ihren Bedürfnissen passt, oder ob alternative Vorsorgeprodukte – etwa ein freies ETF-Depot ohne steuerliche Bindungen – vielleicht sogar die bessere Wahl wären.
Bleiben Sie kritisch und fragen Sie aktiv nach Kosten, Flexibilität, Vererbbarkeit und Alternativen – denn hinter vermeintlich großzügigen Steuerersparnissen verbirgt sich nicht selten ein Produkt, das nur langfristig und unter ganz bestimmten Voraussetzungen tatsächlich vorteilhaft ist.
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